In meinem Buch rate ich bekanntlich dazu, sich ein Blog zu Marketingzwecken zuzulegen und Artikel über sein Fachgebiet zu veröffentlichen in der Hoffnung, bei Bedarf beim Googeln gefunden zu werden. Das funktioniert auch, wie ich unlängst am eigenen Leibe erfahren durfte – wenn auch nicht ganz so, wie geplant.
Letzte Woche Dienstag wurde ich gefunden – vom Fernsehen. Die Redaktion von von Weck up, einer Sendung, die sonntagmorgens (!) um 8 Uhr (!) auf Sat1 ausgestrahlt wird, suchte nach einer Person, die unter Gesichtsblindheit leidet und sich für einen Betrag zur Verfügung stellen würde. Prosopagnosie, so der Fachbegriff für Gesichtsblindheit, ist trotz einiger TV-Beträge nach wie vor weitgehend unbekannt, und so ist mein Blogposting, in dem ich über meine Erfahrungen damit berichte, recht leicht zu finden – bei dem von der Redaktion verwendeten Suchbegriff „Prosopagnosie Blog“ war ich der dritte Treffer und dank vollständiger Kontaktdaten leicht aufzuspüren. Und da ich grundsätzlich ein Mensch bin, der gerne neue Erfahrungen macht, und meine Tochter so, so, so, so gerne mal ins Fernsehen wollte, habe ich zugesagt.
Schon eine Woche nach dieser ersten Kontaktaufnahme standen somit Redakteurin samt zwei Mann für Kamera und Ton vor unserer Haustür. Erste Aufgabe: Tochter aus der Schule abholen, und damit wir auch ausreichend Bildmaterial kriegen, zu Fuß und nicht, wie ich es sonst bei der Kälte gemacht hätte, mit dem Auto. Im Regen. Begeisterung sieht anders aus, aber was tut man nicht alles. Auch der längste Schulweg beginnt mit den ersten Schritten und in unserem Fall gleich drei Mal: So oft mussten wir im Haus bis 5 zählen, dann die Tür öffnen, rausgehen, Tür zu und anschließend so an der Kamera vorbei, als ob sie gar nicht da wäre. 20 Minuten später sorgten wir vor der Schule erwartungsgemäß für Aufsehen, die Kinder waren völlig hypnotisiert von der Kamera, meine Tochter furchtbar nervös – und stolz wie Oskar. Auf dem Rückweg wurde sie kurz vor der Kamera interviewt und genoss es, wie die Leute um uns herum sie anstarrten. Naja, ich auch. Wieder zu Hause angekommen war ihr Part allerdings fürs Erste auch schon wieder vorbei, denn dann ging es ohne Kinder ins hiesige Einkaufszentrum – eigentlich wollten wir in der City drehen, bei dem Wetter bot sich etwas Überdachtes jedoch eher an. Und so erregten wir in den Schlosshöfen noch mehr Aufmerksamkeit: Wie ich die Rolltreppe hoch- und runterfuhr und wieder hoch und wieder runter und wieder hoch und wieder runter und am Geländer stand und Leute beobachtete (und mich nicht bewegen durfte, weil diese Filmsequenz ganz schnell abgespult werden soll), wie ich durch die Menschenmassen laufe oder nur so da stehe und die Kamera sich um mich rum dreht – ärgerlich, dass ich meine tolle Tasche mit meiner Werbung drauf nicht dabei hatte! Da ziehe ich einmal so viele Blicke auf mich und nutze das nicht. Schön doof!
Wieder zu Hause wurde ich an meinem Arbeitsplatz gefilmt, was mich natürlich besonders gefreut hat – schadet gar nichts, wenn auf einem bundesweit ausgestrahlten Sender erwähnt wird, dass ich als Übersetzerin arbeite 🙂 Dann durfte ich fernsehen. Wenn auch nicht das, was ich wollte, sondern Anna und die Liebe musste es sein. Ob sie den Fleck aus der orangefarbenen Hose wieder rausgekriegt haben? Ich werde es nie erfahren. Spannende Folge. Nicht. Letzte Szene in unserem Film sollte ein gemeinsames Abendessen sein. Statt wie üblich zu fünft saßen wir jedoch nur zu zweit am Tisch – mein Großer wollte partout nicht gezeigt werden, mein Mann hat auch lieber verzichtet, mein Jüngster hatte um 17 Uhr schlicht keinen Hunger und wollte auch nicht einfach nur so tun, als ob, und so kauten nur wir zwei Mädels auf den Brötchen rum. Hätte ich gewusst, welche Details gefilmt werden, hätte ich mir einen neuen Brotkorb angeschafft und nicht das kaputte alte Ding in die Kamera gehalten. Wie peinlich. Zwischendurch wurde ich immer wieder interviewt und auch Töchterchen durfte noch mal ihren Senf dazugeben.
Alles in allem war es eine aufregende und interessante Erfahrung, besonders für die Kinder. Die durften das kleine Mikrofon, das in den Ausschnitt geklemmt wird, samt Sender betrachten und ausprobieren, das große Außenmikro mit dem Fell streicheln, über Kopfhörer horchen, was in das Mikrofon gesprochen wird und haben eine Videokassette gesehen, mit Tonband! Kennen die Kinder heutzutage ja gar nicht mehr, so was. Alle drei Fernsehleute waren unheimlich nett und erklärten bereitwillig und kindgerecht, was sie gerade machen und ein gemeinsames Abschiedsfoto durfte auch nicht fehlen. In der Schule standen die beiden Kurzen am nächsten Tag natürlich im Mittelpunkt! Was auch mal ganz schön toll ist.
Nun bin ich nur noch gespannt, wie das ganze Material zu einem Beitrag zusammengeschnitten wurde. Sonntag, den 9.12.2012 läuft der Beitrag um 8 Uhr auf Sat1. Thema der Sendung Weck up ist an dem Tag Menschenkenntnis lernen, Körpersprache nutzen. Und dann bin ich gespannt, wer von den Müttern der Schulkameraden meiner Kinder den Beitrag sehen und mich anschließend behandeln … Davor graust mir ein wenig. Aber da muss ich dann wohl durch!
Wie es weiterging: Ooops – I did it again.
Schreibe einen Kommentar