Ich lese in letzter Zeit sehr viel und furchtbar gerne verschiedene Texte Korrektur, und es gibt ein paar Fehler, die eigentlich immer auftauchen:
Akronyme
Man kann ein Plural-S an ein Akronym hängen, was gerade bei weiblichen Akronymen gar nicht so schlecht ist, damit man erkennen kann, ob es sich bei die AG um eine oder mehrere Arbeitsgemeinschaften handelt. Immer jedoch wird der Plural mit einem S gebildet und nie so wie der Plural des ausgeschriebenen Worts. Es ist also immer AGs, niemals AGen (mit Gruß an den Ex-Lehrer meiner Tochter). Und natürlich wird dieses Plural-S nie mit einem Apostroph vom Wort getrennt. Man kann das Plural-S jedoch genauso gut weglassen: Bei „die PC“ ist auch so klar, dass es sich um mehrere Computer handelt.
Anscheinend/scheinbar
Oft wurde über den Unterschied gebloggt und dennoch hört und liest man diesen Fehler immer wieder:
Wenn ich sage: Er ist scheinbar ein guter Mensch, dann ist er kein guter Mensch, sondern tut nur so, und das weiß ich auch. Wenn ich hingegen sagte: Er ist anscheinend ein guter Mensch, dann könnte er ein guter Mensch sein – oder auch nicht. Zumindest macht er auf mich einen guten Eindruck. Das ist ein Riesenunterschied!
Apostroph
Im Deutschen wird nur sehr selten ein Apostroph gesetzt, und wenn, dann NIEMALS bei einem Plural. Beim Genitiv nur, wenn der Namen mit einem S aufhört, und auch dann kommt der Apostroph NACH dem S, nicht davor. Es gibt auch keine „internationale Schreibweise“, die einen Apostroph vor einem Genitiv-S erlauben würde, auch wenn das Argument immer wieder gern angeführt wird. Wie heißt es so schön?
Andreas Kiosk gehört Andrea.
Andreas’ Kiosk gehört Andreas.
Andrea’s Kiosk gehört einer Idiotin.
Wenn im Deutschen ein Apostroph gesetzt wird, dann um anzuzeigen, dass ein Buchstabe ausgelassen wurde: Bei Wird’s bald? beispielsweise das „e“ vom „es“. Ein Imperativ hingegen hat kein „e“ am Ende, ergo fällt auch kein Buchstabe weg, ergo hat da auch kein Apostroph irgendetwas zu suchen: Komm her! Mach mit! Hol dir ein Eis!
Übrigens: Der Apostroph muss die Form einer 9 haben, nicht einer 6. Verwendet man beim Tippen die Apostroph-Taste (über dem Hashtag), setzt Word meist die Form einer 6. Der Apostroph muss dann über Einfügen -> Symbole ausgewählt und eingefügt werden.
At its best
Genau so wird das geschrieben. Its, nicht it’s. Das ist der Genitiv von „it“. Ja, im Englischen wird ein Genitiv-S üblicherweise mit einem Apostroph vom Wort getrennt, aber nicht in diesem Fall. „It’s“ ist die Kurzform von „it is“, und die passt so gar nicht in diesen Ausdruck.
Bindestriche
Im Deutschen werden Substantive entweder zusammengeschrieben oder durch einen Bindestrich gekoppelt, wobei, wenn möglich, die Zusammenschreibung zu bevorzugen ist. Bei zwei Wörtern ist das noch einfach; es werden jedoch ALLE Wörter gekoppelt, die zusammengehören: Meine Noch-nicht-ganz-Ex-Frau. Anti-rau-Effekt (mit Gruß an Fructis). Und auch Einheiten werden durchgekoppelt: 100-m-Lauf. 25-km-Strecke. Eine Ausnahme bildet das Prozentzeichen: 5 %-Klausel wird nicht durchgekoppelt. Würde auch sehr merkwürdig aussehen.
Cellulitis/Cellulite
Die Endung -itis bezeichnet in der Medizin IMMER eine Entzündung. Eine Cellulitis ist somit eine Entzündung der Haut. Bei der verhassten Orangenhaut hingegen handelt es sich um eine Bindegewebsschwäche, von Entzündung keine Spur – deshalb heißt sie Cellulite, nicht Cellulitis.
Dasselbe/das Gleiche
Dasselbe ist nicht dasselbe wie das Gleiche! Man kann zur selben Uhrzeit am selben Tag am selben Ort sein; dann wird man sich auch begegnen. Ist man am gleichen (Wochen-)Tag zur gleichen Uhrzeit am selben Ort, verpasst man sich. Man kann dasselbe Kleid haben, es aber dann nicht gleichzeitig tragen. Hat man hingegen das gleiche Kleid, kann man im Partnerlook gehen. Auch das ist keine Geschmacksache! Mehr über den Unterschied zwischen dasselbe und das Gleiche im Zwiebelfisch-ABC.
Destillation
Das Grunzen war die Destillation eines beiderseits bekannten Streitgesprächs. So oder so ähnlich lautete ein Satz in einem aus dem Englischen übersetzten Roman, den ich für meine Diplomarbeit analysiert habe. Im Englischen hat „destillation“ auch die Bedeutung von „Kurzfassung, Zusammenfassung“, im Deutschen jedoch nicht! Und da man ein Streitgespräch nicht verdampfen und anschließend wieder verflüssigen kann, ist „Destillation“ in diesem Zusammenhang ein fieser Anglizismus und schlicht falsch.
Doppelpunkt
Ob es nach einem Doppelpunkt groß oder klein weitergeht, hängt davon ab, ob ein vollständiger Satz folgt oder nicht: Das hier zum Beispiel ist ein vollständiger Satz mit Subjekt, Prädikat und Objekt. Mein zweites Beispiel hingegen: ist keiner. Folgt ein vollständiger Satz, beginnt dieser mit einem Großbuchstaben, folgt ein Satzfragment, geht es nach dem Doppelpunkt klein weiter.
Doppelter Superlativ
XY ist der bestangezogenste Mann, hört man immer wieder. Ein Superlativ pro Wort reicht: XY ist der bestangezogene Mann oder Der am besten angezogene Mann. Die meistgesuchte Person. Die größtmögliche Chance.
Du/du
Die direkte Anrede „Du“ darf man wirklich nur in Briefen – na ja, und in E-Mails und Textnachrichten – großschreiben. „Du“ darf nur großgeschrieben werden, wenn eine konkrete Person gemeint ist. Und auch dann ist die Großschreibung inzwischen optional.
In der Werbung und auch in Ratgebern, wenn der Leser zwar direkt angesprochen wird, aber eben keine konkrete Person, MUSS „du“ kleingeschrieben werden. Es ist nicht höflicher, „du“ großzuschreiben; es ist außerhalb von Briefen schlicht und ergreifend falsch. Und das hat auch nichts damit zu tun, dass „Sie“ als Anrede großgeschrieben wird, auch wenn keine konkrete Person angesprochen wird. Das wird es in der Tat. Aber „du“ halt nicht. Mehr zu du/Du im Duden.
Einheiten
Zwischen Zahl und Einheit kommt grundsätzlich ein (geschütztes) Leerzeichen: 100 m. 200 %. 34 g. Einzige Ausnahme bilden das Grad- und das Zollzeichen: 100°, 100‘, 100‘‘. In Verbindung mit Celsius jedoch kommt nach dem Grad wieder ein Leerzeichen: 100° C. Na gut, noch eine Ausnahme gibt es: 100%ig wird gänzlich ohne Leerzeichen geschrieben.
Geschweige denn
„Geschweige denn“ (Link zum Duden) benötigt immer eine Verneinung oder Einschränkung:
Richtig:
Wir haben kein Geld für ein Auto, geschweige denn für ein Boot.
Falsch:
Es dauerte, bis sie das Geld für ein Auto hatten, geschweige denn für ein Boot.
Imperativ
Imperative haben nie, wirklich nie einen Apostroph! Es heißt „Sieh!“ „Lass das!“ „Wähl blau!“ Die Imperativform vieler Verben kann zwar ein E haben (Wähle! Suche!), muss sie aber nicht; insofern fällt auch kein Buchstabe weg und ein Apostroph ist absolut verkehrt.
Richtig, richtig verkehrt ist übrigens „Gebe!“. Der Imperativ von „geben“ ist „Gib!“ Vielleicht empfinden die Nutzer des falschen Imperativs die Befehlsform als unhöflich und nutzen deshalb lieber den Indikativ der ersten Person Singular. Nett gemeint, aber dennoch falsch.
Imperfekt/Perfekt/Plusquamperfekt
Imperfekt/Plusquamperfekt: Ich ging zur Schule. Diese Zeitform kommt in der gesprochenen Sprache eher nicht vor, im Schriftlichen jedoch ist sie ein Muss.
Perfekt: Ich bin zur Schule gegangen. So redet man, auch in der direkten Rede in Romanen. Ein Zwölfjähriger, der sagt Ich ging zur Schule klingt nicht authentisch, Ich bin zur Schule gegangen klingt echter. Außerhalb der direkten Rede jedoch wird der Imperfekt verwendet: Er sagte: „Ich bin zur Schule gegangen.“
Plusquamperfekt findet immer dann Anwendung, wenn in der Vergangenheit von der Vergangenheit die Rede ist: Er hatte sich bereits angezogen, als er zur Schule ging. Manchmal erzählt in einem Roman, der vollständig im Imperfekt geschrieben ist, jemand in der indirekten Rede eine Geschichte, die in der Vergangenheit passiert ist. Ein länger Abschnitt im Plusquamperfekt ist recht schwerfällig zu lesen, insofern ist es in diesem Fall okay, nur den ersten Satz ins Plusquamperfekt zu setzen und dann mit Imperfekt weiterzumachen. Die Erzählung muss jedoch im Plusquamperfekt beginnen, sonst ist dem Leser schlicht nicht klar, dass es sich um die Vorvergangenheit handelt. Er ging gerne in die Schule. Früher hatte er oft Angst gehabt, in die Schule zu gehen, weil er mal eine Sechs geschrieben hatte. Seine Mutter tobte daraufhin und schimpfte, weil er nicht genug gelernt hatte. Sie machte ihm Vorwürfe und sperrte ihn in sein Zimmer. Dort fing er an zu malen und telefonierte viel. Er spielte auch viel im Internet …
Herzlich Willkommen!
Wie ist man? Willkommen. Ergo handelt es sich um ein Adjektiv und Adjektive werden kleingeschrieben. Richtig muss es also heißen: „Herzlich willkommen!“ Und da Adjektive kleingeschrieben werden, schreibt man auch chinesische Küche, soziale Netzwerke, medizinische Fakultät usw. klein. Einzige Ausnahme bilden Eigennamen: die Chinesische Mauer, Königsberger Klopse usw.
Hingen/hängten
Er hängte ein Bild auf.
Das Bild hing an der Wand.
Beide Formen kommen von dem Verb „hängen“, aber die Vergangenheitsform, in diesem Fall Imperfekt, ist unterschiedlich und auch nicht miteinander austauschbar. Auch nicht, wenn man findet, „hing“ höre sich gehobener an. Die erste Form in diesem Beispiel ist transitiv (benötigt ein Akkusativobjekt), die zweite intransitiv (benötigt kein Akkusativobjekt). Hier der Link zu Zwiebelfisch.
Komma vor „als“
Er ist größer als seine Schwester ist ein einfacher Vergleich – da kommt kein Komma vor das „als“! Bei Er ist größer, als seine Schwester behauptet hingegen folgt mit dem „als“ ein Nebensatz, und der wird mit einem Komma abgetrennt. Faustregel: Steht zwischen „als“ und Satzende ein Verb, kommt ein Komma vor dem „als“, und wenn nicht, dann nicht. Also, es sei denn, es handelt sich um ein Partizip, dann kommt kein Komma: Er ist größer, als ich dachte vs. Er ist größer als gedacht.
Konjunktiv 1 oder 2
Der Konjunktiv 1 findet praktisch nur bei indirekter Rede Anwendung (Er sagte, er habe ein Eis gegessen) und der Konjunktiv 2 in Vergleichsätzen (Er sah aus, als hätte er einen Geist gesehen). Romanautoren scheinen oftmals eine Vorliebe für den einen oder den anderen Konjunktiv zu haben. Manche schreiben indirekte Rede konsequent mit Konjunktiv 2, wie es in der gesprochenen Sprache Usus ist, und manche, gerade solche, die einen gehobeneren Stil pflegen, verwenden durchgehend Konjunktiv 1, auch wenn es sich ganz klar um einen Irrealis handelt, weil der Konjunktiv 1 tatsächlich gehobener anmutet. Das scheint aber nur so; die Wahl zwischen Konjunktiv 1 und 2 ist meist keine Geschmacksache. Die ausführlichen Regeln gibt es im Duden.
Er sagte, er sei ein Junge ist somit korrekter Konjunktiv 1 wegen direkter Rede.
Er tat so, als wäre er unsichtbar ist korrekter Konjunktiv 2 wegen Irrealis.
Faustregel: Wenn der Nebensatz mit „als“ eingeleitet wird, ist es immer Konjunktiv 2 und somit wäre, nicht sei.
So weit/soweit, so sehr/sosehr, so viel/soviel, so lange/solange
Soweit, sosehr und soviel sind Konjunktionen und werden in einem Wort geschrieben:
Soweit ich weiß, ist er zu Hause.
Soviel ich weiß, ist er zu Hause.
Sosehr ich ihn auch in der Schule wissen möchte; er ist zu Hause.
Solange du die Füße unter meinen Tisch setzt, tust du, was ich sage.
Wenn es keine Konjunktionen sind, werden zwei Wörter daraus:
So weit ich auch laufe, ich komme nie an.
So viel ich auch weiß, es ist nie genug.
Ich möchte so sehr, dass er in die Schule geht.
Ich kenne ihn schon so lange, dass es mir fast unheimlich ist.
z. B.
z. B. ist die Abkürzung für „zum Beispiel“. Das sind zwei Wörter. Zwischen zwei Wörter gehört ein Leerzeichen. Ergo gehört auch zwischen die Abkürzungen der beiden Wörter ein Leerzeichen: z. B. Selbiges gilt für d. h., e. V. usw. Im Idealfall ist das Leerzeichen zu schützen, damit es im Falle eines Zeilenumbruchs nicht auseinandergerissen wird. Ein geschütztes Leerzeichen erhält man, indem man STRG, Shift und Space gleichzeitig drückt.
Zu Recht/zurecht
Er kam gut zurecht.
Sie hatte zu Recht etwas dagegen.
„zurecht“ ist eine Vorsilbe und kann auch nur dann verwendet werden: zurechtkommen, zurechtbiegen, zurechtrücken … Immer, wenn es keine Vorsilbe ist, schreibt man „zu Recht“ im Sinne von „berechtigterweise“.
Zum Aus-der-Haut-Fahren
Das habe ich unlängst neu gelernt: Dass bei „Zum Fahren“ das substantivierte Verb großgeschrieben wird, war mir klar. Dass der Begriff „Aus-der-Haut-Fahren“ mit Bindestrichen geschrieben wird ebenfalls. Ich war jedoch unschlüssig, ob tatsächlich sowohl das „Aus“ als Beginn des substantivierten Begriffs als auch das „Fahren“ großgeschrieben werden müssen. Ist aber tatsächlich so. Analog somit auch „zum An-die-Wand-Hängen“.
…
Vor die drei Punkte … kommt ein Leerzeichen – sofern das Wort vor den drei Punkten beendet wurde. Bei Sch… beispielsweise kommt kein Leerzeichen zwischen Sch und den drei Punkten, weil das Wort eben nicht ausgeschrieben ist. Das Leerzeichen vor den drei Punkten wird geschützt, das danach nicht.
Und es ist mir klar, dass Autoren nicht alles wissen und schon gar nicht auf alles achten können. Aber dafür sind Korrekturleser ja da! Meine Website für das Korrektorat von Romanen für Selfpublisher finden Sie unter www.korrektorat-oldenburg.de
Hannes Franz meint
Vielen Dank für die knackige Zusammenfassung!
Telli meint
„Und nun bete ich, dass ich in diese Liste keinen Tippfehler eingebaut habe – andererseits sind Tippfehler einfach nur menschlich und oftmals unvermeidbar, Rechtschreibfehler hingegen resultieren aus Unwissenheit, und gegen die kann man etwas machen.“
Stimmt, ist nur ein kleiner Unterschied ob es in einem Artikel oder in einem Programmcode ist 😉
https://de.wikipedia.org/wiki/Tippfehler
Vanna meint
Das sogenannte Deppenleerzeichen breitet sich ja aus wie eine ansteckende Krankheit. Und es ärgert mich jedes Mal. Bei vielen Firmen gibt es auch interne Schreibregeln, die gar keine Bindestriche erlauben, wenn ein Markenname vorkommt. Wenn mein Reinigungsmittel z. B. „Mountain Fresh“ heißt ist dann die Logik, dass zur Erhaltung des Markennamens nicht durchgekoppelt werden darf und dann muss es eine Mountain Fresh-Bestellung werden. Ganz furchtbar.